Bernmobil: Gleiserneuerung unter Thunstrasse (Baupublikation)

Liebe Stadtteil 4 Anwohnende,

Bernmobil gedenkt vom Sommer 2026 bis Ende 2026 die Geleiseanlagen an der unteren Thunstrasse (Helvetiaplatz bis Dufourstrasse) und zwischen Helvetiaplatz und Thunplatz auch die Fahrleitungen zu erneuern

Da  dieses unter der Aufsicht des Bundesamtes für Verkehr (BAV) läuft, wird die Baubewilligung nach eidgenössischen Eisenbahnrecht erteilt.
Deshalb müssen Einsprachen und Rechtsverwahrungen schriftlich und im Doppel innert der Auflagefrist (Datum der Postaufgabe) beim Bundesamt für Verkehr, Sektion Bewilligungen II, 3003 Bern eingereicht werden. Wer keine Einsprache erhebt, ist vom weiteren Verfahren ausgeschlossen
Die Einsprachefrist begann zu laufen am Montag, 26. August 2024 und endet am Dienstag 24. September 2024.
Es ist etwas speziell, dass eine Einsprachefrist bereits dann zu laufen beginnt, wenn das Bauvorhaben überhaupt noch nicht bekannt ist. Es ist auch etwas speziell, dass ein Bauvorhaben derart früh vor Baubeginn (Sommer 2026) ausgeschrieben wird. 

Das Bundesamt für Verkehr ist, im Gegensatz zum Kanton Bern und den bernischen Gemeinden, nicht verpflichtet, ein Bauvorhaben digital zu publizieren. Deshalb müsste ein Bauvorhaben im Bauinspektorat an der Bundesgasse 38 in Bern persönlich eingesehen werden. Dank des Entgegenkommens von Bernmobil ist es nun aber möglich, das Bauvorhaben digital einzusehen unter folgendem Link:
Die Bauakten sind sehr umfangreich, aber nicht alle Teile sind für die Betroffenen relevant. Im Anhang finden Sie den Technischen Bericht mit Nummer 01.04, welcher die wichtigsten Informationen zum Bauvorhaben zusammenfasst und erläutert.

Im Gegensatz zum Bauvorhaben von 2018/2019, das infolge vieler Einsprachen vom BAV sistiert wurde, verzichtet das neue Bauvorhaben auf Eingriffe im Trottoirraum. Den Fussgängerinnen und Fussgängern soll also nicht mehr das Trottoir zugunsten des Veloverkehrs halbiert werden. Auf eine Verlegung von Haltestellen wird verzichtet. Eine Haltestellenumfahrung Luisenstrasse stadtauswärts über das Trottoir entfällt, und es werden auch keine Bäume gefällt.

Trotzdem befriedigt das Bauvorhaben in vielen Punkten nicht, und es sind noch viele Fragen zu klären:
1. Zeitpunkt der Realisierung 
Der Zeitpunkt ist inopportun. Nachdem 2022 die Gleiserneuerung zwischen Dufourstrasse und Thunplatz eine wochenlange Sperre der unteren Thunstrasse (mit allen negativen Konsequenzen für die Bewohnerschaft, das Gewerbe und die Dienstleistungen) soll nun bereits wenige Jahres später wieder die ganze untere Thunstrasse gesperrt werden. Bernmobil weigerte sich 2022 die Geleise gerade bis zum Helvetiaplatz zu ersetzen. Dem Vernehmen nach sollen ca 2027 auch die Geleise auf der Kirchenfeldbrücke ersetzt werden, was den Zugang zum Quartier wieder wochenlang erschweren wird. Es wäre vernünftig, beide Geleiseerneuerungen zum gleichen Zeitpunkt zu machen. 

2. Dem Behindertengleichstellungsgesetz wird nicht nachgelebt.
Bern muss in den nächsten Jahren einige 100 Haltestellen behindertengerecht umbauen. Im vorliegenden Projekt sollen die Haltestellen Helvetiaplatz und Luisenstrasse nur rudimentär behindertengerecht gemacht werden, obwohl die Projektleitung erklärt, dass einer Erhöhung der Haltekanten auf der ganzen Länge der Haltestellen nichts entgegensteht.

3.Denkmalpflegerische Einwände
Die neuen Fahrleitungen sollen nicht mehr wie bisher an Wandhaken an den Hausfassaden aufgehängt werden, sondern n freistehenden Masten. Das bedingt, dass zwischen Helvetiaplatz und Thunplatz rund 70 Masten neu gesetzt werden müssten. Damit wird der historische Aspekt des «Thunstrassenboulevards» aus der Gründungszeit des Kirchenfeldquartiers mit seiner intakten beidseitigen Allee auf Schwerste beeinträchtigt. Zudem will die Bauherrschaft die noch existierenden 4 historischen Masten von 1901 (Eröffnung der ersten elektrischen Tramlinie in Bern vom Breitenrain in den Ostring) abbrechen. 2 dieser Masten sind heute noch im Bereich Dufourstrasse im Betrieb.

4. Problematischer Bauablauf
Zwischen Dufourstrasse und Thunplatz werden keine Geleise ersetzt, sondern nur die Fahrleitungen. Dafür braucht es keine durchgehende Sperrung der Thunstrasse in diesem Bereich. Die Arbeiten können zum Bespiel nachts ausgeführt werden oder mit Einbahnsperrungen. Damit würden mindestens in diesem Bereich die Erschwernisse für die Bewohnerschaft vermindert.

5. Velos auf dem Trottoir stadtauswärts
Nach den sehr negativen Erfahrungen beim Bauprojekt 2022 (Gleisersatz Luisenstrasse – Thunplatz) muss der schnelle Veloverkehr auf dem Trottoir konsequent umgeleitet werden. Die schon heute unerträgliche Dichte des Zweiradverkehrs auf dem Trottoir würde während der Bauzeit verstärkt, weil zusätzlich alle Zweiradfahrzeuge, die heute auf der Strasse verkehren, auch noch aufs Trottoir verwiesen werden sollen.

6. Mögliche Schäden an den Liegenschaften
durch schwere Baumaschinen müssen durch Erstellung von Rissprotokollen dokumentiert werden können. Auch Rechtsverwahrungen müssen bis 24. September angemeldet werden.

7. Problematisches Lichtraumprofil
Beim Kreuzen zweier Tramzüge müssen zwischen den Fahrzeugen Mindestabstände eingehalten werden. Diese Mindestabstände können in der Kurve, die vom Helvetiaplatz auf die Kirchenfeldbrücke führt, nicht eingehalten werden. Um sich die Korrektur der Kurve zu ersparen, beantragt nicht Bernmobil beim BAV eine Ausnahmebewilligung und nimmt in Aussicht, in der genannten Kurve die Geschwindigkeit auf 20 km/h zu begrenzen. Da bekannt ist, dass Maximalgeschwindigkeiten gelegentlich überschritten werden, entsteht hier eventuell ein vermeidbares Risiko.

8. Umsatzeinbussen von Geschäften und Dienstleistungsbetrieben
durch Baumassnahmen der öffentlichen Hand können in der Regel nicht geltend gemacht werden. Wenn hingegen doppelte Einbussen entstehen durch eine unzweckmässige Planung und unnötige Etappierung der Bauarbeiten, könnte die rechtliche Situation anders aussehen.

9. Keinerlei Verbesserungen für den Zweiradverkehr und den Fussverkehr. Die Situation auf der Mischfläche Trottoir stadtauswärts ist absolut unzumutbar geworden. Die Zweiräder gehören auf eine eigene Velospur auf der Thunstrasse.


Das Bauvorhaben sollte also von den Betroffenen genau geprüft werden. Nehmen wir also unsere demokratischen Mitwirkungsrechte wahr und sorgen wir dafür, dass das Bauvorhaben für die Betroffenen so schonend wie möglich abläuft und dass der historischen Substanz des Quartiers kein bleibender Schaden zugefügt wird.

Mit freundlichen Grüssen
Christoph Zürcher
Thunstrasse 30
3005 Bern
Stadtteil 4 - BernOffizielles